Band Aid: Do They Know It's Christmas?
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Band Aid: Do They Know It's Christmas?
VÖ 29. November 2024
Hier der offizielle Pressetext, der uns freundlicher Weise von Universal Music Deutschland zur Verfügung gestellt wurde. Vielen Dank!:
Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Band Aid war eine Wohltätigkeits-Supergruppe, die 1984 von Bob Geldof und Midge Ure gegründet wurde, um Geld für die Bekämpfung der Hungersnot in Äthiopien zu sammeln. Die Single übertraf die Hoffnungen der Produzenten und wurde zu Weihnachten die Nummer eins in zahlreichen Ländern – unter anderem auch in Deutschland. Neuaufnahmen des Songs, um weitere Spenden für wohltätige Zwecke zu sammeln, erreichten ebenfalls die Spitze der Charts: die Version Band Aid 20 im Jahr 2004 und die Version Band Aid 30 im Jahr 2014.
Zum Gedenken an das 40-jährige Jubiläum der Originalaufnahme des Weihnachtsklassikers Do They Know It's Christmas? und, um weitere Spenden für den Band Aid Trust zu sammeln, werden am. 29. November neu zusammengestellte 1LP- und 1CD-Formate veröffentlicht.
Die neue 2024er Version enthält die Originalaufnahme von Do They Know It's Christmas? aus dem Jahr 1984, die späteren Versionen Band Aid 20 und Band Aid 30 sowie den 2024 Ultimate Mix - eine neue Bearbeitung, in der die Stimmen der vielen Künstler, die den Song im Laufe der Jahrzehnte aufgenommen haben, neu gemischt wurden. Der Mix wurde von Trevor Horn produziert. Zum ersten Mal auf CD und LP wird die 1985 im Wembley-Stadion aufgenommene Live-Aid-Final-Version des Songs auf der Titelliste der ultimativen Komplettsammlung zu finden sein.
Heute lebt die Hälfte der 600 Millionen hungernden Menschen auf der Welt in Afrika. Band Aid will wieder einmal so viel Geld wie möglich sammeln, um den Betroffenen zu helfen.
Der neue 2024 Ultimate Mix wird von einem neuen Musikvideo begleitet. Ein Kurzfilm, der ebenfalls veröffentlicht werden soll, ist die Weiterentwicklung des Videos, ein alternatives und erweitertes Stück, das die Entstehungsgeschichte der Single und ihre Reise über die letzten 40 Jahre vorstellt.
Titellisten:
12"
Side A
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – 1984 Version
- Band Aid 20 – Do They Know It’s Christmas? – 2004 Version
- Band Aid 30 – Do They Know It’s Christmas? – 2014 Version
Side AA
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – 2024 Ultimate Mix
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – Live at Wembley Stadium, 1985
CD
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – 1984 Version
- Band Aid 20 – Do They Know It’s Christmas? – 2004 Version
- Band Aid 30 – Do They Know It’s Christmas? – 2014 Version
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – 2024 Ultimate Mix
- Band Aid – Do They Know It’s Christmas? – Live at Wembley Stadium, 1985
https://www.youtube.com/watch?v=RH-xd5bPKTA
https://www.youtube.com/watch?v=_UZ--sD_DBQ
https://www.youtube.com/watch?v=-w7jyVHocTk
https://www.youtube.com/watch?v=je7k8LGmjNA
https://www.youtube.com/watch?v=Gifrd7ljNL4
Hier geht es zum Originalartikel
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Nachstehenden Artikel habe ich am 23.12. 2024 auf der Internetseite des Tagesspiegels gefunden:
„Schwarzer Hunger“ und „Weißer Ritter“: „Do They Know It’s Christmas“ zementiert noch immer koloniale Vorurteile
https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html
„Schwarzer Hunger“ und „Weißer Ritter“: „Do They Know It’s Christmas“ zementiert noch immer koloniale Vorurteile
https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html
Zuletzt geändert von IloveBarcelona am 30.12.2024 11:05 Uhr, insgesamt 1-mal geändert.
- Andreas Streng
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Hallo zusammen,
der Beitrag hat mich deutlich zum Nachdenken gebracht, deshalb brauchte ich auch ein wenig Zeit für die Antwort.
Ich vermute, dass der Beitrag zu einer Diskussion anregen soll.
Es ist gut, wenn Aktionen und Situationen kritisch betrachtet werden und sich über die Folgen Gedanken gemacht wird.
Der Song steht, wie in weiteren Medienberichten und Wikipedia zu lesen schon immer seid Erscheinung in der Kritik von mehreren Personen aus verschiedenen Gründen.
Ich war zu der Zeit des Songs ein Kind und mir haben die damalige Berichterstattung in den Medien aus Äthiopien, die Bilder und auch der Song ein Bild von Afrika vermittelt, welches so nicht stimmte. Auf den absoluten Kern eingedampft: Das arme Afrika und die reiche, westliche Welt, die helfen muss.
Es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, dass das arme Afrika ein Produkt vom Handeln der westlichen Welt war und ist.
Mir stellte sich aber auch immer die Frage, ob man die Verhältnisse zwischen den Kontinenten nicht jetzt auch ändern kann und aus dem innersten Menschlichen heraus gezwungen ist, das zu tun.
In der Not ist die sofortige Hilfe mit lebensnotwendigen Mitteln immer unerlässlich.
Anschließend muss es die Hilfe zur Selbsthilfe geben, um nicht vom Tropf abhängig zu sein.
Je nach Situation sind dann langfristige Bemühungen in Form von Bildung unerlässlich.
Wenn ich jetzt ein Künstler bin und ich möchte helfen, dann ist die Kette von Aktionen, die durch Band Aid und Live Aid gestartet wurden der Beitrag, der Geld generiert. Durch einen Song habe ich hier die Möglichkeiten dauerhaft Einnahmen zu generieren.
Wenn ich dann eine Stiftung habe, deren Ziele grundsätzlich positiv aufgesteltl sind, siehe
https://register-of-charities.charityco ... et_subId=0
dann sollte Kritik genau da ansetzen, wo diese Initiative zu verbessern ist.
Ich freue mich, dass eine Wissenschaftlerin diese Themen aufarbeitet, bin aber von dem Aufbau und der Tendenz des Artikels enttäuscht.
Es ist zwar kein wissenschaftliches Paper, aber es fehlen mir doch wissenschaftliche Aspekte: Gibt es Alternativen zum Vorgehen, wie können diese aussehen?
Ein A/B Vergleich, wie er ansatzweise angesetzt wird, verbietet sich aus meiner Sicht, da Menschenleben nie aufgerechnet werden können.
Nach dem Artikel war ich in Gedanken so versunken, dass ich Schlussfolgerungen hatte, dass wenn der Song schlecht ist, dann ist auch Live Aid schlecht, dann ist die Darbietung von Queen bei Live Aid schlecht, welche u.a. im Kinofolm massiv verherrlicht wird. Dann sind alle Benefizkonzerte schlecht und dienen nur dazu, dass die eine Seite (reich) der anderen Seite (arm) ihre Überlegenheit zeigt und somit u.a., aber nicht nur einen Kolonialismus fördert. Diese lange Reihe Wenn-danns zeigte mir, dass die Schlussfolgerung falsch sein musste, da nichts immer so einfach ist.
Es wird keine Hilfsaktion oder -organsiation geben, inkl. UN, Kirche, Staaten, NGOs,... die nicht negative Aspekte haben werden. Es ist unbedingt notwendig hier immer wieder korrigierend und energisch, um Verbesserungen bemüht, einzugreifen. Grundlegende Strukturen müssen und dürfen dabei neu gebildet werden.
Ich kann nur sagen, dass der Einsatz von Bob Geldof und allen Mitstreitern als "gut gemeint" bezeichnet wird, passt einfach nicht.
Mir ist kein Weg der Kunst bekannt, um so schnell und langanhaltend, soviel Geld, Aufmerksamkeit und ewige Verantwortung für einen Kontinent zu erwecken, der genau die gleiche Wichtigkeit hat, wie alle anderen Erdteile.
Ich werde den Song und seine Versioen weiterhin gerne hören und unterstützen und mich dabei nicht über andere Menschen erheben.
Viele Grüße
Andreas
P.S.: Aus organisatorischen Belangen, gehe ich davon aus, dass es eine Freigabe gibt, den Text hier vollständig zu zeigen, da ich ihn bis jetzt nur hinter einer Bezahlschranke gefunden habe. Ist das richtig ILoveBarcelona? Danke.
der Beitrag hat mich deutlich zum Nachdenken gebracht, deshalb brauchte ich auch ein wenig Zeit für die Antwort.
Ich vermute, dass der Beitrag zu einer Diskussion anregen soll.
Es ist gut, wenn Aktionen und Situationen kritisch betrachtet werden und sich über die Folgen Gedanken gemacht wird.
Der Song steht, wie in weiteren Medienberichten und Wikipedia zu lesen schon immer seid Erscheinung in der Kritik von mehreren Personen aus verschiedenen Gründen.
Ich war zu der Zeit des Songs ein Kind und mir haben die damalige Berichterstattung in den Medien aus Äthiopien, die Bilder und auch der Song ein Bild von Afrika vermittelt, welches so nicht stimmte. Auf den absoluten Kern eingedampft: Das arme Afrika und die reiche, westliche Welt, die helfen muss.
Es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, dass das arme Afrika ein Produkt vom Handeln der westlichen Welt war und ist.
Mir stellte sich aber auch immer die Frage, ob man die Verhältnisse zwischen den Kontinenten nicht jetzt auch ändern kann und aus dem innersten Menschlichen heraus gezwungen ist, das zu tun.
In der Not ist die sofortige Hilfe mit lebensnotwendigen Mitteln immer unerlässlich.
Anschließend muss es die Hilfe zur Selbsthilfe geben, um nicht vom Tropf abhängig zu sein.
Je nach Situation sind dann langfristige Bemühungen in Form von Bildung unerlässlich.
Wenn ich jetzt ein Künstler bin und ich möchte helfen, dann ist die Kette von Aktionen, die durch Band Aid und Live Aid gestartet wurden der Beitrag, der Geld generiert. Durch einen Song habe ich hier die Möglichkeiten dauerhaft Einnahmen zu generieren.
Wenn ich dann eine Stiftung habe, deren Ziele grundsätzlich positiv aufgesteltl sind, siehe
https://register-of-charities.charityco ... et_subId=0
dann sollte Kritik genau da ansetzen, wo diese Initiative zu verbessern ist.
Ich freue mich, dass eine Wissenschaftlerin diese Themen aufarbeitet, bin aber von dem Aufbau und der Tendenz des Artikels enttäuscht.
Es ist zwar kein wissenschaftliches Paper, aber es fehlen mir doch wissenschaftliche Aspekte: Gibt es Alternativen zum Vorgehen, wie können diese aussehen?
Ein A/B Vergleich, wie er ansatzweise angesetzt wird, verbietet sich aus meiner Sicht, da Menschenleben nie aufgerechnet werden können.
Nach dem Artikel war ich in Gedanken so versunken, dass ich Schlussfolgerungen hatte, dass wenn der Song schlecht ist, dann ist auch Live Aid schlecht, dann ist die Darbietung von Queen bei Live Aid schlecht, welche u.a. im Kinofolm massiv verherrlicht wird. Dann sind alle Benefizkonzerte schlecht und dienen nur dazu, dass die eine Seite (reich) der anderen Seite (arm) ihre Überlegenheit zeigt und somit u.a., aber nicht nur einen Kolonialismus fördert. Diese lange Reihe Wenn-danns zeigte mir, dass die Schlussfolgerung falsch sein musste, da nichts immer so einfach ist.
Es wird keine Hilfsaktion oder -organsiation geben, inkl. UN, Kirche, Staaten, NGOs,... die nicht negative Aspekte haben werden. Es ist unbedingt notwendig hier immer wieder korrigierend und energisch, um Verbesserungen bemüht, einzugreifen. Grundlegende Strukturen müssen und dürfen dabei neu gebildet werden.
Ich kann nur sagen, dass der Einsatz von Bob Geldof und allen Mitstreitern als "gut gemeint" bezeichnet wird, passt einfach nicht.
Mir ist kein Weg der Kunst bekannt, um so schnell und langanhaltend, soviel Geld, Aufmerksamkeit und ewige Verantwortung für einen Kontinent zu erwecken, der genau die gleiche Wichtigkeit hat, wie alle anderen Erdteile.
Ich werde den Song und seine Versioen weiterhin gerne hören und unterstützen und mich dabei nicht über andere Menschen erheben.
Viele Grüße
Andreas
P.S.: Aus organisatorischen Belangen, gehe ich davon aus, dass es eine Freigabe gibt, den Text hier vollständig zu zeigen, da ich ihn bis jetzt nur hinter einer Bezahlschranke gefunden habe. Ist das richtig ILoveBarcelona? Danke.
- Juan
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Danke Dir Andreas für Deine Zeilen und Ausführungen.
Völlig verständlich und gut und richtig, dass Du Dir Zeit für eine Reaktion und Dein "Statement" genommen hast.
Mir ging es nach dem Lesen des Zeitungsartikels zunächst übrigens ganz ähnlich mit der inneren "Gedanken-Kette" ... "dann ist ja alles schlecht..."
Ich finde, Du hast passende Worte gefunden für dieses menschengemachte (von Geldof initiierte) Projekt - und ich nehme Geldof ab, dass er AKUT helfen wollte.
Dass absolut NICHTS von Menschen gemachte "perfekt" ist, ist eine bekannte philosophische Binsenweisheit, aber sie enthält tiefe Erkenntnis und kritische Reflexion über das Mensch-sein.
Und genau: bei JEDER wie auch immer gearteten Organisation bzw. Hilfsorganisation gibt es bestimmt Dinge und Aspekte, die eben nicht "perfekt" und zu 100% altruistisch sind!
Übrigens auch nicht bei originär afrikanischen Hilfsorganisationen.
Es "menschelt" immer und ausnahmslos (das ist jedenfalls meine Beobachtung und eigene Erfahrung mit vielen solchen NGOs).
Natürlich ist jedem interessierten oder belesenen Menschen der Nordhalbkugel zumindest ansatzweise bekannt, dass dem afrikanischen Kontinent und den Einheimischen dort in der Vergangenheit (und vielerorts bis heute) übel zugesetzt wurde.
Der Zeitungsartikel bzw. die Ausführungen der Ethnologin Sabine Mohamed können dazu dienen, neu nachzudenken und ein wachsendes Bewusstsein für den "Umgang" mit Afrika zu entwickeln.
Aber auch diese Ethnologin ist mit ihren Ausführungen nicht "die Trägerin aller Weisheit", denn ihr Artikel beschränkt sich leider darauf, dieses (damalige) Hilfsprojekt (welches bis heute Hilfsgelder generiert) zu "zerpflücken" und negativ zu kritisieren.
Und sie streut einfach mal "Behauptungen und Beurteilungen" über andere Menschen (Geldof und Co.) in die Welt ("übrigens" aus IHRER Welt-Sicht).
Ich finde das ist in gewisser Weise "bequem" und ein gehöriges Stück weit "selbstgefällig".
Konkrete und konstruktive, damals umsetzbare Alternativen für Äthiopien schildert sie gar NICHT.
Sie muss sich fragen lassen: Wo war sie denn in dem Jahr bzw. was hat sie seit dem in welchem nennenswerten Umfang für das Land "konkret getan"?
.
Völlig verständlich und gut und richtig, dass Du Dir Zeit für eine Reaktion und Dein "Statement" genommen hast.
Mir ging es nach dem Lesen des Zeitungsartikels zunächst übrigens ganz ähnlich mit der inneren "Gedanken-Kette" ... "dann ist ja alles schlecht..."
Ich finde, Du hast passende Worte gefunden für dieses menschengemachte (von Geldof initiierte) Projekt - und ich nehme Geldof ab, dass er AKUT helfen wollte.
Dass absolut NICHTS von Menschen gemachte "perfekt" ist, ist eine bekannte philosophische Binsenweisheit, aber sie enthält tiefe Erkenntnis und kritische Reflexion über das Mensch-sein.
Und genau: bei JEDER wie auch immer gearteten Organisation bzw. Hilfsorganisation gibt es bestimmt Dinge und Aspekte, die eben nicht "perfekt" und zu 100% altruistisch sind!
Übrigens auch nicht bei originär afrikanischen Hilfsorganisationen.
Es "menschelt" immer und ausnahmslos (das ist jedenfalls meine Beobachtung und eigene Erfahrung mit vielen solchen NGOs).
Natürlich ist jedem interessierten oder belesenen Menschen der Nordhalbkugel zumindest ansatzweise bekannt, dass dem afrikanischen Kontinent und den Einheimischen dort in der Vergangenheit (und vielerorts bis heute) übel zugesetzt wurde.
Der Zeitungsartikel bzw. die Ausführungen der Ethnologin Sabine Mohamed können dazu dienen, neu nachzudenken und ein wachsendes Bewusstsein für den "Umgang" mit Afrika zu entwickeln.
Aber auch diese Ethnologin ist mit ihren Ausführungen nicht "die Trägerin aller Weisheit", denn ihr Artikel beschränkt sich leider darauf, dieses (damalige) Hilfsprojekt (welches bis heute Hilfsgelder generiert) zu "zerpflücken" und negativ zu kritisieren.
Und sie streut einfach mal "Behauptungen und Beurteilungen" über andere Menschen (Geldof und Co.) in die Welt ("übrigens" aus IHRER Welt-Sicht).
Ich finde das ist in gewisser Weise "bequem" und ein gehöriges Stück weit "selbstgefällig".
Konkrete und konstruktive, damals umsetzbare Alternativen für Äthiopien schildert sie gar NICHT.
Sie muss sich fragen lassen: Wo war sie denn in dem Jahr bzw. was hat sie seit dem in welchem nennenswerten Umfang für das Land "konkret getan"?
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"Menschen sind gut darin, Neues zu erfinden, aber sehr schlecht darin, die Folgen abzuschätzen ... Wie weit darf, wie weit soll Forschung gehen? Und wer zieht eigentlich die Grenze?“
(Aus: "Human Nature", britische Doku von Adam Bolt 2019)
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- A Kind Of Magic
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
@ Andreas Streng
Zu deinem PS: Ich bin Abonnentin des Tagesspiegels und darf in diesem Zusammenhang Artikel runterladen und an andere Personen weitergeben. Ich werde vorsichtshalber beim Tagesspiegel anfragen, ob ich den Artikel hier im Forum hätte einstellen dürfen.
Allerdings erstaunt mich deine Frage, weil hier im Forum ja bereits öfter Texte aus Zeitungen oder Zeitschriften eingestellt wurden, ohne dass von dir vergleichbare Skepsis geäußert wurde. Oder irre ich mich da?
Zu deinem PS: Ich bin Abonnentin des Tagesspiegels und darf in diesem Zusammenhang Artikel runterladen und an andere Personen weitergeben. Ich werde vorsichtshalber beim Tagesspiegel anfragen, ob ich den Artikel hier im Forum hätte einstellen dürfen.
Allerdings erstaunt mich deine Frage, weil hier im Forum ja bereits öfter Texte aus Zeitungen oder Zeitschriften eingestellt wurden, ohne dass von dir vergleichbare Skepsis geäußert wurde. Oder irre ich mich da?
- Andreas Streng
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Das kann ich Dir nicht sagen. Ich hatte nur versucht herauszufinden, ob an dem Artikel weitere Quellen oder weiterführende Links hinterlegt sind und da ist mir das aufgefallen.IloveBarcelona hat geschrieben: ↑27.12.2024 18:54 Uhr Allerdings erstaunt mich deine Frage, weil hier im Forum ja bereits öfter Texte aus Zeitungen oder Zeitschriften eingestellt wurden, ohne dass von dir vergleichbare Skepsis geäußert wurde. Oder irre ich mich da?
Viele Grüße
Andreas
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
@ Andreas Streng
Auf Nachfrage beim Tagesspiegel darf nur der Link
https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html
verwendet werden. Deshalb bitte ich dich den Text des Artikels aus meinem Post unverzüglich zu entfernen. Meinen Einleitungssatz, die Überschrift und den angegebenen Link kannst du stehen lassen.
Welche Konsequenzen das für andere Artikel im Forum mit sich bringt, musst du entscheiden.
Auf Nachfrage beim Tagesspiegel darf nur der Link
https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html
verwendet werden. Deshalb bitte ich dich den Text des Artikels aus meinem Post unverzüglich zu entfernen. Meinen Einleitungssatz, die Überschrift und den angegebenen Link kannst du stehen lassen.
Welche Konsequenzen das für andere Artikel im Forum mit sich bringt, musst du entscheiden.
- Andreas Streng
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Hallo ILoveBarcelona,
danke. Du kannst Deinen Beitag oben über den Button mit dem Stift-Symbol selbst editieren.
Ich möchte nicht versehentlich etwas Falsches wegstreichen.
Danke.
Viele Grüße
Andreas
danke. Du kannst Deinen Beitag oben über den Button mit dem Stift-Symbol selbst editieren.
Ich möchte nicht versehentlich etwas Falsches wegstreichen.
Danke.
Viele Grüße
Andreas
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- A Kind Of Magic
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
@ Juan
In deinem Beitrag schreibst du bezüglich des Artikel von Dr. Sabine Mohamed zum Schluss:
"Sie muss sich fragen lassen: Wo war sie denn in dem Jahr bzw. was hat sie seit dem in welchem nennenswerten Umfang für das Land "konkret getan"?"
Welches Jahr meinst du ?
In deinem Beitrag schreibst du bezüglich des Artikel von Dr. Sabine Mohamed zum Schluss:
"Sie muss sich fragen lassen: Wo war sie denn in dem Jahr bzw. was hat sie seit dem in welchem nennenswerten Umfang für das Land "konkret getan"?"
Welches Jahr meinst du ?
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- A Kind Of Magic
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Anders als Andreas in seinem Beitrag vermutet, war es nicht meine Absicht, eine Diskussion anzuregen, sondern über die aktuelle Diskussion zu informieren. Da ist der Artikel von der Ethnologin Sabine Mohamed ein Beitrag unter vielen, der eine kritische Position einnimmt. Nachstehend versuche ich mich mal an einer Zusammenfassung:
Historie
Ich sehe es auch so, dass der Einsatz von Bob Geldorf und Midge Ure großartig und hilfreich war in einer Zeit, in der sich Benefizkonzerte häuften. Als Erster angefangen hatte bereits 1971 George Harrison mit dem Konzert für Bangladesh in New York, dem die Single Bangla Desh vorausgegangen war. Das Land kämpfte um seine Unabhängigkeit, und Hunderttausende waren auf der Flucht, um dem Genozid, der vom pakistanischen Militär begangen wurde, zu entfliehen. 1979, also erst 8 Jahre später, gab es im Hammmersmith Odeon mit Beteiligung von Queen das Konzert für Kampuchea, für die Menschen, die unter der Schreckensherrschaft von Pol Pot und den Roten Kmer litten. Beide Konzerte und Tonträger sollten Geld zur Hilfe einbringen, aber sie waren gleichermaßen auch Aufforderung zum Hinschauen auf die politische Situation und die daraus resultierende Notlage.
In den 80er Jahren gingen die Bilder von hungernden Kindern und ihren Müttern, die aufgrund einer entsetzlichen Dürre und militärischen Konflikten in Äthiopien zu Hunderttausenden auf der Flucht waren, um die Welt. Vielleicht erinnert sich einer von den Älteren von uns noch an den Schauspieler Karlheinz Böhm (Kaiser Franz Joseph in den Sissi-Filmen), der am 16. Mai 1981 in der Sendung „Wetten, … dass?“ eine Wette eingegangen war, dass nicht einmal jeder dritte Zuschauer bereit sei, eine Mark, einen Schweizer Franken oder 7 Schilling für die hungernden Menschen in der Sahelzone zu spenden. Wunschgemäß verlor er diese, und es kamen 1,3 Millionen D-Mark zusammen. Die BBC zeigte im Oktober 1984 eine Dokumentation über die noch immer katastrophale Situation in Äthiopien. Darauf ergriffen Bob Geldof und Midge Ure die Initiative, Geld für die Opfer der Hungerkatastrophe zu sammeln. Der Rest ist Geschichte. Der Single „DO THEY KNOW IT’S CHRISTMAS“, die sich millionenfach verkaufte, und dem Benefizkonzert am 13. Juli 1985 folgten weltweit diverse weitere Benefizkonzerte (S. dazu den Artikel von André Bosse: Tue Gutes und singe darüber, Mint Januar 2025 S. 72f., auf den ich mich beziehe.)
Der Erfolg der Single von 1985 wurden mit weiteren Editionen und anderen Interpreten untermauert. 1989 kam die erste Aktualisierung. Am 17.11.2004 erschien eine dritte Version mit neuer Zielsetzung: Die Hilfe galt nicht mehr Äthiopien sondern dem Sudan und der Darfur Krise. Band-Aid 30, u.a. auch mit Roger Taylor am Schlagzeug, unterstützte 2014 den Kampf gegen Ebola in den westafrikanischen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia, in denen die Epidemie zahlreiche Opfer forderte. Betroffen waren auch Mali, Senegal und Nigeria. Nach 28 Monaten waren 28.652 Fälle und 11.325 Todesfälle zu verzeichnen. Am 21.11.2014 erschien auch eine CD mit deutschen Interpreten, u. a. Adel Tawil, Andreas Bourani, Die Toten Hosen, Ina Müller, Peter Maffay, SEEED, Silbermond, Udo Lindenberg und Wolfgang Niedecken. Am 05.12.2014 kam eine 2-Track-CD-Single mit dem deutschen Song und der neuen englischen Fassung. Aktuell nun ein neuer Mix rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Auf der Website von Universal gibt es eine Übersicht [https://www.universal-music.de/band-aid ... 0%20(2014)]
Kritik
Trotz des großartigen Erfolgs des Charityprojekts, das bisher etwa 150 Mio. GBP gesammelt hat, gibt es auch zunehmend kritische Stimmen. 2014 titelt der Journalist Matthias Thibaut einen Artikel „Bob Geldorf und Band Aid 30: Hilfe für Afrika – ist das kolonialistisch?“ [tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/hilfe-für-afrika- -ist-das-kolonialistisch-6907126.html]. Er beruft sich auf Ekow Eshun, britischer Journalist, Einwanderersohn, der „Band Aid in einer Tradition von 300 Jahren Kolonialismus, in der Afrikaner als Problemfälle behandelt würden, die um ‚die Erleuchtung der Zivilisation betteln‘. In Wahrheit wollten Afrikaner nicht Mitleid, sondern Respekt.“ Eshuns Meinung nach beschreiben die im Song verwendeten Klischees, die er als kaputt, grotesk, herablassend und beleidigend bezeichnet, Afrika als Ort der Dunkelheit und des ewigen Leidens. Die schottische, sambiastämmige Sängerin Emeli Sandé sang bei der Aufnahme zu Band Aid 30 mit, entschuldigte sich aber bei ihren Fans, falls der Text Anstoß errege. Sie habe zusammen mit der afrikanischen Sängerin Angelique Kidjo versucht, den Text zu ändern, ohne sich durchsetzen zu können. Eigentlich hätte der ganze Song neu geschrieben werden müssen. Gleichzeitig nahm sie aber auch Geldorf in Schutz, dem sie reine und respektvolle Absicht, Leidenschaft und Integrität zusprach. (Ebd.) Eine umstrittene Zeile des Textes, die Bobo eingesungen hatte, „Tonight thank God it’s them instead of you“ wurde bereits gestrichen und durch “Tonight we’re reaching out/and touching you.” Dies stieß aber im Gegenzug bei Bewunderern auf Kritik, die gerade diese Zeile wegen des verborgenen Sarkasmus schätzten, s. Joe Pagetta 19.12.2018 https://www.americamagazine.org/arts-cu ... liday-song .
Weitere Textstellen sind Ziel von Kritik, und sie betrifft auch den Titel ‚Do they know it’s Christmas time at all‘. Er zeuge von westlicher Überheblichkeit und Ignoranz. Die im Titel gestellte Frage ließe außer Acht, dass das Christentum in Afrika tief verwurzelt sei und gerade Äthiopien eine der ältesten christlichen Traditionen weltweit habe. Der äthiopische Musikproduzent Isaac Abadir kritisiert solche Stereotypen und betont: „Wir wissen, dass es Weihnachtszeit ist – auch wenn es nicht schneit!“ Damit greift er die Textzeile „And there won’t be snow in Africa this Christmas time.” auf. Andere Beispiele: „raise a glass to them underneath that burning sun“ oder “Where nothing ever grows, no rain or rivers flow”, obwohl es in Afrika Flüsse, Seen, Berge, Gletscher und Schnee gibt. Dadurch würden die Klimaverhältnisse zum Mangel gemacht. Die Zeile „Where the only water flowing is the bitter sting of tears.” wurde inzwischen geändert. [https://www.deutschlandfunkkultur.de/we ... s-100.html]
Afrikanische Künstler (Zusatz von mir: und vermutlich auchKünstlerinnen) bemängeln, dass sie nicht in das Projekt einbezogen wurden, so dass der Eindruck entstanden sei, Afrika könne ohne externe Hilfe nicht vorankommen. Es habe um 1984 auch in Äthiopien eigene Hilfsaktionen gegeben. David Yifru, einer der bekanntesten Musiker des Landes, habe mit seiner Roha Band ein ähnliches Projekt initiiert, ein Album produziert, Geld gesammelt und Konzerte gegeben, um die vielen äthiopischen Helfer im Hungergebiet zu unterstützen. Er hätte gerne mit Bob Geldof zusammengearbeitet. Eyob Kitaba, ein äthiopischer Künstler, hält externe Hilfslieferungen sogar für schädlich, weil sie zwar kurzfristig helfen, aber langfristige Abhängigkeiten schaffen. [Ebd.]
Der britisch-ghanaische Rapper Fuse ODG hatte 2014 die Anfrage Bob Geldorfs, ob er an dem Projekt mitmachen wolle, mit der Begründung abgelehnt, die Kampagne erzeuge zwar Mitgefühl und Spenden, die durch den Song verfestigten Stereotype würden aber das Wirtschaftswachstum, den Tourismus und Investitionen in Afrika hemmen, das koste den Kontinent am Ende Billionen und zerstöre seine Würde, seinen Stolz und seine Identität. Fuse ODG hat inzwischen als Antwort auf die Neuauflage von „Do They Know It’s Christmas“ seinen eigenen Song „We Know It’s Christmas“ veröffentlicht. Er will damit nicht nur klarstellen, dass Afrikaner und Afrikanerinnen sehr wohl wissen, was Weihnachten ist, sondern er ist auch der Meinung, dass es an der Zeit ist, das Narrativ selber zu definieren. Er sagt. „Wir sind die Lösung!“ Die Einnahmen aus dem Song fließen in den New Africa Growth and Relief Fund, der sich auf Entwicklungsinitiativen im gesamten Kontinent konzentriert. [Ebd.]
Ed Sheeran bemängelt, dass er nicht gefragt wurde, ob in der 2024er Version von ‚Do They Know It’s Christmas?‘, die erstmals alle Künstler der vergangenen Ausgaben vereint, seine Stimme wiederverwendet werden darf, und betont, er hätte abgelehnt. Gleichzeitig stellte er sich hinter die Kritik von Fuse ODG. Adele wurde von Geldof umworben, bei Band AID 30 mitzumachen. Sie beantwortete seine Anrufe nicht, stattdessen überwies sie eine größere Spende an Ebola-Hilfsorganisationen [Tribaut].
In Frankreich bildete sich eine Gruppe von Afrikanern, die mit afrikanischen Melodien und Rhythmen eine Single aufnahmen; der Text ging das Thema direkt an: „Ebola, Ebola, unsichtbarer Feind, wenn ihr euch schlecht fühlt, geht zum Doktor, habt Vertrauen in die Ärzte, so können wir die Krankheit stoppen.“ Die Einnahmen gingen direkt an „Ärzte ohne Grenzen“, die als erste vor Ort halfen, als die Epidemie in Afrika ausgebrochen war. [Ebd.]
Weitere Kritiken
In ihrem Gastbeitrag im Tagesspiegel vom 23.12.2024 (s. Link im Forum) fordert Sabine Mohamed, Assistant Professor für Anthropologie an der Universität Johns Hopkins in den USA „ein neues Nachdenken über Afrika“. Ihrer Meinung nach stößt die Neuauflage des Band-Aid-Songs 40 Jahre nach dessen Erscheinen in Afrika zurecht auf Kritik. Ein Hauptpunkt ihrer Kritik ist, dass der politische Hintergrund der Hungersnot in Äthiopien im Song nicht thematisiert wird. Sie greift auch die Kritiken auf, dass der Song ein Bild von westlicher Wohltätigkeit zeichnet, dem ein Bild eines hilflos hungernden Afrikas gegenüber gestellt wird. Ihrer Meinung nach schaffe das „Spendenlied“ ein Bild eines „weißen Ritters“ und des „schwarzen Hungers“. Dazu führt sie aus: „Dabei ist der Wohlstand Europas nicht zuletzt auch auf die jahrhundertlange Ausbeutung Afrikas zurückzuführen“. Damit hat sie Recht, so wie auch der von ihr zitierte Walter Rodney, nicht aber mit ihrer Schlussbemerkung, auf die ich in meinem Fazit noch einmal zurückkommen möchte.[https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html]
Auch Haseeb Shabbir, außerordentlicher Professor am Centre for Charity Effectiveness an der Londoner St George’s Universität kritisiert: „Afrika wird als eine unfruchtbare Zivilisation dargestellt, die ständig Rettung braucht, während die Rettung als moralische Verpflichtung überwiegend weißer Spender dargestellt wird, eine Gruppe von Menschen zu retten, denen die die Fähigkeit fehlt, ihre eigenen Probleme zu lösen“, während gleichzeitig „viele Initiativen der Bevölkerung unbemerkt“ bleiben. [Ester Addley: Zum 40. Geburtstag von Band Aid nehmen Kritiker Afrika-Stereotype ins Visier https://theguardian.com/music/2024/nov/ ... tereotypes]
Lena Bheero, Leiterin der Abteilung für Antirassismus und Gleichberechtigung bei Bond, einem Dachverband von Entwicklungsorganisationen, weist darauf hin, dass sich der internationale Entwicklungssektor in den letzten 40 Jahren stark verändert habe. Man habe sich von „Bildern der Armut, Krankheit, Konflikten und unterernährten Kindern mit Fliegen auf den Schultern“ abgewandt und verwende keine Formulierungen, die die Machtlosigkeit der Empfänger unterstreichen. „Band Aid wurde in einer Zeit gegründet, in der [die Verwendung dieser Bildung] als das Richtige angesehen wurde“. Sie fährt sinngemäß fort, man lebe nicht mehr im Jahr 1984, sondern im Jahr 2024, und die Narrative habe sich geändert. [Ebd.]
Addleys Artikel erkennt aber auch das noch immer positive Wirken von Bob Geldof und des Band Aid Charitable Trust, der viel Bewundernswertes leistet, an. Darunter langfristige Initiativen z. B. der Bereitstellung von sauberem Wasser, dem Bau von Schulen und Bibliotheken und der Schulungen zur Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Wohltätigkeitsorganisation Mary’s Meals UK, die seit 2010 von Band Aid dabei unterstützt wird, stellt jedes Jahr Schulmahlzeiten für 110.000 Kinder in Tigray/Äthiopien bereit. Ein Sprecher der Organisation habe gesagt, ihre Projekte seien, „eine direkte Reaktion auf das, was die örtlichen Gemeinden uns nach dem Konflikt und der lähmenden Dürre als ihre Bedürfnisse mitgeteilt haben“. [Ebd.]
Fazit
Ich stelle mir die Frage, wie soll ich mit der Kritik umgehen? Zunächst möchte ich einige Fakten zur Kolonisation Afrikas zusammentragen.
Richtig ist, dass Afrika ein reicher Kontinent war, der aufgrund seiner Bodenschätze, Gold und anderer Edelmetalle, außerdem Elfenbein, Kaffee, Edelhölzer aber auch der fruchtbaren Agarflächen in Tansania und Kenia im Osten Afrikas mehr als ein Jahrhundert - auch unter unglaublicher Gewalt - kolonisiert war und ausgebeutet wurde. Die letzten Kolonien erhielten erst in den 1970er und 1980er Jahre ihre Unabhängigkeit. Deutschland hatte seine Kolonien zwar bereits 1919 nach dem verlorenen 1.Weltkrieg aufgeben müssen, aber andere europäische Staaten hielten länger daran fest. Einen ersten Schub der Dekolonisierung gab es in den 50er Jahren. Bis 1959 waren 15 afrikanische Staaten unabhängig, 1960 folgten 18 weitere, darunter 13 französische Kolonien. 1962 erhielt Algerien, das 1830 als erstes afrikanisches Land von Frankreich besetzt worden war, nach 132 Jahren die Freiheit. Die letzten französischen Kolonien erreichten ihre Unabhängigkeit erst 1975 bzw. 1977. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass die ehemals französischen Kolonien noch immer nicht frei sind [s. https://www.dw.com/de/frankreich-und-af ... a-54245021] In den 60er Jahren entließ Großbritannien 12 Staaten in die Freiheit; erst 1976 folgten die Seychellen, Simbabwe sogar erst 1980. Portugal weigerte sich zunächst, seine Kolonien aufzugeben. Erst als die erfolgreiche sog. Nelkenrevolution dort die Diktatur besiegt hattee, wurde der Portugiesische Kolonialkrieg in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau beendet und damit auch die Kolonialherrschaft. Äthiopien war nach eigener Narrative nicht kolonisiert, obwohl 1935 Mussolini mit seinen Truppen in das Land, das damals noch Abessinien hieß, einmarschiert waren.
Auf die belgische Kolonie Kongo möchte ich etwas detaillierter eingehen. 1884/85 hatte in Berlin eine Afrikakonferenz stattgefunden, auf der von 14 teilnehmenden europäischen Staaten und den USA Afrika verteilt wurde. Besonders traf es den Kongo, den sich der belgische König Leopold II. dort als sein Privateigentum (!) zuerkennen ließ. Sein Profit war aufgrund des wachsenden Bedarf an Kautschuk für Militärfahrzeuge gigantisch, Leopold II. wurde einer der reichsten Männer Europas. Trotzdem führte er in dem Land ein Schreckensregime, bis der britische Journalist Edmund Morel die Verbrechen aufdeckte. 1903 wurden die Anschuldigungen im Casement-Report von Großbritanien bestätigt. Unter dem steigenden Druck übertrug der König die Kolonie 1908 dem belgischen Staat. Eine Volkszählung im Kongo ergab 1911, dass in den 23 Jahren der Herrschaft Ludwigs II. rund 25 Millionen Kongolesen ums Leben gekommen sind. [https://www.planet-wissen.de/kultur/wes ... od100.html] Auf den öffentlichen Druck in Belgien musste dem Kongo 1960 die Freiheit gegeben werden. Noch vor dem Unabhängigkeitstag wurde der glühende Anhänger des Panafrikanismus Patrice Lumumba zum Premierminister des Kongo gewählt. Bei der Unabhängigkeitsfeier, die am 30. Juni 1960 stattfand, prallten die Differenzen zwischen ihm und dem belgischen König Baudouin aufeinander. Während Baudouin die belgische Herrschaft lobte, kritisierte Lumumba scharf die Unterdrückung und die Ausbeutung durch die Belgier. Dies kostete ihn das Leben. Er wurde kurze Zeit später von dem späteren Diktator Joseph Mobuto, angeblich mit Hilfe des CIA, gestürzt, gefangen genommen, von belgischen Offizieren in die abtrünnige Provinz Katanga gebracht und dort ermordet.
Sein Tod konnte nie aufgeklärt werden, eine belgische Untersuchungskommission stellte aber 2001 fest, dass belgische Offiziere, Polizisten und Funktionäre in den Mord verstrickt waren. Belgien entschuldigte sich beim kongolesischen Staat, juristische Schritte gab es nicht. Der Kongo versank danach in blutigen Rebellen-Kriegen, Misswirtschaft und Korruption. [Artikel von Christine Harjes 13.08.2010 https://www.bpb.de/themen/afrika/dossie ... engigkeit/]
Dazu noch ein Nachtrag aus jüngster Zeit: Papst Franziscus möchte den 1993 im Alter von 63 Jahren verstorbenen Baudouin, der seit 1951 Monarch in Belgien war, seligsprechen, weil er ein vom belgischen Parlament beschlossenes Gesetz, das Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlauben sollte, nicht unterzeichnen wollte. 1995 lobte der damalige Papst Johannes Paul II. Baudouin in einer Generalaudienz, er sei „ein großer Hüter der Rechte des menschlichen Gewissens (war), bereit, die göttlichen Gebote zu verteidigen, insbesondere das fünfte Gebot: ‚Du sollst nicht töten‘, vor allem im Hinblick auf den Schutz des Lebens der ungeborenen Kinder“.
[https://de.catholicnewsagency.com/news/ ... echen-will]
Der Artikel datiert vom 18.12.2024 und, ehrlich gesagt, macht er mich gleichermaßen fassungs- und sprachlos! Wieviel können Verteter der Kirche verdrängen? Und wie sollen die Nachkommen derjenigen, die durch die Schuld der belgischen Monarchen so viel Leid erfahren haben, damit umgehen?
Vor diesem Hintergrund bekomme ich eine Ahnung, warum eine neue Generation in Afrika sich von den ehemaligen Kolonialkräften nichts schenken lassen will, sondern Respekt, Beachtung und Anerkennung des Wandels einfordert. Diese Forderung ist berechtigt, zumal die Ausbeutung des Kontinents und Korruption als Folge der Kolonisierung noch knapp 50 Jahre nach deren Ende noch immer stattfindet! Schon 1958 hat Guineas damaliger Präsident Ahmed Sékoue erklärt: „Wir ziehen die Armut in Freiheit dem Reichtum in Sklaverei vor.“ [Harjes]
Trotzdem kann ich mich den kritischen Stimmen nur bedingt anschließen. Afrika ist keine homogene Einheit, es besteht aus 54 Staaten mit unterschiedlichen Staatsformen, mit unterschiedlichen Staatsführern, unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, in unterschiedlichen Geolagen, in unterschiedlichen Klimazonen, mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Klassen und unterschiedlichen Religionsgruppen. Die Auflistung ließe sich sicherlich fortsetzen. Ich bezweifele, dass die Kritiker und Kritikerinnen für alle Länder und die Menschen, die dort leben, sprechen können. Afrika leidet noch immer unter Klimakatastrophen und ist noch immer nicht befriedet.
Das International Rescue Comittee hatte für 2024 eine Emergency Watchlist erstellt, in der 10 Staaten aufgeführt sind, die nach einer Prognose dringende Hilfe benötigen würden, davon lagen 8 in Afrika ( Sudan, Südsudan, Burkina Faso, Mali, Somalia, Niger, Äthiopien, Kongo) In Äthiopien wurden nach den Dürrejahren El-Nino-bedingte Überschwemmungen erwartet, durch die die Lebensgrundlagen in Gefahr seien. In der Demokratischen Republik Kongo sind 2023 heftige Kämpfe mit einer bewaffneten Grupperung ausgebrochen. Dadurch verschärfte sich eine langwierige Krise mit u. a. Auswirkungen auf anhaltende Krankheitsausbrüche. Für das Jahr 2024 wurde geschätzt, dass dort 25,4 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen seien – mehr als in jedem anderen anderen Land der Welt. Folgen wären Überlastung der Gesundheitsdienste, Ernährungsunsicherheit und die Ausbreitung von Krankheiten. [https://www.rescue.org/de/artikel/top-1 ... ieren-2024]
Ich befürchte, dass Afrika weiterhin jegliche Hilfe benötigt, auch von Band-Aid. Und Europa hat viel Schuld abzutragen. Zwischen der Befreiung aus der traumatischen Fremdherrschung* und dem ersten Erscheinen von Band Aid liegt letztlich nur ein Hauch von Zeit.
Meiner Meinung nach sollten aber künftig mehr afrikanische Künstler und Künstlerinnen mitwirken. Warum können auf der nächsten CD nicht auch von ihnen Songs erscheinen? Es muss damit nicht bis zu Band Aid 50 gewartet werden. Und warum soll man nicht auch noch einmal über den Text reden und, wenn es sein muss, auch über den Titel von ‚Do They Know It’s Christmas‘? Das Verdienst von Bob Geldorf und Midge Ure würde dadurch nicht geschmälert!
*Wer mehr dazu erfahren möchte, dem empfehle ich das Buch von Frantz Fanon: Die Verdammten dieser Erde.
Historie
Ich sehe es auch so, dass der Einsatz von Bob Geldorf und Midge Ure großartig und hilfreich war in einer Zeit, in der sich Benefizkonzerte häuften. Als Erster angefangen hatte bereits 1971 George Harrison mit dem Konzert für Bangladesh in New York, dem die Single Bangla Desh vorausgegangen war. Das Land kämpfte um seine Unabhängigkeit, und Hunderttausende waren auf der Flucht, um dem Genozid, der vom pakistanischen Militär begangen wurde, zu entfliehen. 1979, also erst 8 Jahre später, gab es im Hammmersmith Odeon mit Beteiligung von Queen das Konzert für Kampuchea, für die Menschen, die unter der Schreckensherrschaft von Pol Pot und den Roten Kmer litten. Beide Konzerte und Tonträger sollten Geld zur Hilfe einbringen, aber sie waren gleichermaßen auch Aufforderung zum Hinschauen auf die politische Situation und die daraus resultierende Notlage.
In den 80er Jahren gingen die Bilder von hungernden Kindern und ihren Müttern, die aufgrund einer entsetzlichen Dürre und militärischen Konflikten in Äthiopien zu Hunderttausenden auf der Flucht waren, um die Welt. Vielleicht erinnert sich einer von den Älteren von uns noch an den Schauspieler Karlheinz Böhm (Kaiser Franz Joseph in den Sissi-Filmen), der am 16. Mai 1981 in der Sendung „Wetten, … dass?“ eine Wette eingegangen war, dass nicht einmal jeder dritte Zuschauer bereit sei, eine Mark, einen Schweizer Franken oder 7 Schilling für die hungernden Menschen in der Sahelzone zu spenden. Wunschgemäß verlor er diese, und es kamen 1,3 Millionen D-Mark zusammen. Die BBC zeigte im Oktober 1984 eine Dokumentation über die noch immer katastrophale Situation in Äthiopien. Darauf ergriffen Bob Geldof und Midge Ure die Initiative, Geld für die Opfer der Hungerkatastrophe zu sammeln. Der Rest ist Geschichte. Der Single „DO THEY KNOW IT’S CHRISTMAS“, die sich millionenfach verkaufte, und dem Benefizkonzert am 13. Juli 1985 folgten weltweit diverse weitere Benefizkonzerte (S. dazu den Artikel von André Bosse: Tue Gutes und singe darüber, Mint Januar 2025 S. 72f., auf den ich mich beziehe.)
Der Erfolg der Single von 1985 wurden mit weiteren Editionen und anderen Interpreten untermauert. 1989 kam die erste Aktualisierung. Am 17.11.2004 erschien eine dritte Version mit neuer Zielsetzung: Die Hilfe galt nicht mehr Äthiopien sondern dem Sudan und der Darfur Krise. Band-Aid 30, u.a. auch mit Roger Taylor am Schlagzeug, unterstützte 2014 den Kampf gegen Ebola in den westafrikanischen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia, in denen die Epidemie zahlreiche Opfer forderte. Betroffen waren auch Mali, Senegal und Nigeria. Nach 28 Monaten waren 28.652 Fälle und 11.325 Todesfälle zu verzeichnen. Am 21.11.2014 erschien auch eine CD mit deutschen Interpreten, u. a. Adel Tawil, Andreas Bourani, Die Toten Hosen, Ina Müller, Peter Maffay, SEEED, Silbermond, Udo Lindenberg und Wolfgang Niedecken. Am 05.12.2014 kam eine 2-Track-CD-Single mit dem deutschen Song und der neuen englischen Fassung. Aktuell nun ein neuer Mix rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Auf der Website von Universal gibt es eine Übersicht [https://www.universal-music.de/band-aid ... 0%20(2014)]
Kritik
Trotz des großartigen Erfolgs des Charityprojekts, das bisher etwa 150 Mio. GBP gesammelt hat, gibt es auch zunehmend kritische Stimmen. 2014 titelt der Journalist Matthias Thibaut einen Artikel „Bob Geldorf und Band Aid 30: Hilfe für Afrika – ist das kolonialistisch?“ [tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/hilfe-für-afrika- -ist-das-kolonialistisch-6907126.html]. Er beruft sich auf Ekow Eshun, britischer Journalist, Einwanderersohn, der „Band Aid in einer Tradition von 300 Jahren Kolonialismus, in der Afrikaner als Problemfälle behandelt würden, die um ‚die Erleuchtung der Zivilisation betteln‘. In Wahrheit wollten Afrikaner nicht Mitleid, sondern Respekt.“ Eshuns Meinung nach beschreiben die im Song verwendeten Klischees, die er als kaputt, grotesk, herablassend und beleidigend bezeichnet, Afrika als Ort der Dunkelheit und des ewigen Leidens. Die schottische, sambiastämmige Sängerin Emeli Sandé sang bei der Aufnahme zu Band Aid 30 mit, entschuldigte sich aber bei ihren Fans, falls der Text Anstoß errege. Sie habe zusammen mit der afrikanischen Sängerin Angelique Kidjo versucht, den Text zu ändern, ohne sich durchsetzen zu können. Eigentlich hätte der ganze Song neu geschrieben werden müssen. Gleichzeitig nahm sie aber auch Geldorf in Schutz, dem sie reine und respektvolle Absicht, Leidenschaft und Integrität zusprach. (Ebd.) Eine umstrittene Zeile des Textes, die Bobo eingesungen hatte, „Tonight thank God it’s them instead of you“ wurde bereits gestrichen und durch “Tonight we’re reaching out/and touching you.” Dies stieß aber im Gegenzug bei Bewunderern auf Kritik, die gerade diese Zeile wegen des verborgenen Sarkasmus schätzten, s. Joe Pagetta 19.12.2018 https://www.americamagazine.org/arts-cu ... liday-song .
Weitere Textstellen sind Ziel von Kritik, und sie betrifft auch den Titel ‚Do they know it’s Christmas time at all‘. Er zeuge von westlicher Überheblichkeit und Ignoranz. Die im Titel gestellte Frage ließe außer Acht, dass das Christentum in Afrika tief verwurzelt sei und gerade Äthiopien eine der ältesten christlichen Traditionen weltweit habe. Der äthiopische Musikproduzent Isaac Abadir kritisiert solche Stereotypen und betont: „Wir wissen, dass es Weihnachtszeit ist – auch wenn es nicht schneit!“ Damit greift er die Textzeile „And there won’t be snow in Africa this Christmas time.” auf. Andere Beispiele: „raise a glass to them underneath that burning sun“ oder “Where nothing ever grows, no rain or rivers flow”, obwohl es in Afrika Flüsse, Seen, Berge, Gletscher und Schnee gibt. Dadurch würden die Klimaverhältnisse zum Mangel gemacht. Die Zeile „Where the only water flowing is the bitter sting of tears.” wurde inzwischen geändert. [https://www.deutschlandfunkkultur.de/we ... s-100.html]
Afrikanische Künstler (Zusatz von mir: und vermutlich auchKünstlerinnen) bemängeln, dass sie nicht in das Projekt einbezogen wurden, so dass der Eindruck entstanden sei, Afrika könne ohne externe Hilfe nicht vorankommen. Es habe um 1984 auch in Äthiopien eigene Hilfsaktionen gegeben. David Yifru, einer der bekanntesten Musiker des Landes, habe mit seiner Roha Band ein ähnliches Projekt initiiert, ein Album produziert, Geld gesammelt und Konzerte gegeben, um die vielen äthiopischen Helfer im Hungergebiet zu unterstützen. Er hätte gerne mit Bob Geldof zusammengearbeitet. Eyob Kitaba, ein äthiopischer Künstler, hält externe Hilfslieferungen sogar für schädlich, weil sie zwar kurzfristig helfen, aber langfristige Abhängigkeiten schaffen. [Ebd.]
Der britisch-ghanaische Rapper Fuse ODG hatte 2014 die Anfrage Bob Geldorfs, ob er an dem Projekt mitmachen wolle, mit der Begründung abgelehnt, die Kampagne erzeuge zwar Mitgefühl und Spenden, die durch den Song verfestigten Stereotype würden aber das Wirtschaftswachstum, den Tourismus und Investitionen in Afrika hemmen, das koste den Kontinent am Ende Billionen und zerstöre seine Würde, seinen Stolz und seine Identität. Fuse ODG hat inzwischen als Antwort auf die Neuauflage von „Do They Know It’s Christmas“ seinen eigenen Song „We Know It’s Christmas“ veröffentlicht. Er will damit nicht nur klarstellen, dass Afrikaner und Afrikanerinnen sehr wohl wissen, was Weihnachten ist, sondern er ist auch der Meinung, dass es an der Zeit ist, das Narrativ selber zu definieren. Er sagt. „Wir sind die Lösung!“ Die Einnahmen aus dem Song fließen in den New Africa Growth and Relief Fund, der sich auf Entwicklungsinitiativen im gesamten Kontinent konzentriert. [Ebd.]
Ed Sheeran bemängelt, dass er nicht gefragt wurde, ob in der 2024er Version von ‚Do They Know It’s Christmas?‘, die erstmals alle Künstler der vergangenen Ausgaben vereint, seine Stimme wiederverwendet werden darf, und betont, er hätte abgelehnt. Gleichzeitig stellte er sich hinter die Kritik von Fuse ODG. Adele wurde von Geldof umworben, bei Band AID 30 mitzumachen. Sie beantwortete seine Anrufe nicht, stattdessen überwies sie eine größere Spende an Ebola-Hilfsorganisationen [Tribaut].
In Frankreich bildete sich eine Gruppe von Afrikanern, die mit afrikanischen Melodien und Rhythmen eine Single aufnahmen; der Text ging das Thema direkt an: „Ebola, Ebola, unsichtbarer Feind, wenn ihr euch schlecht fühlt, geht zum Doktor, habt Vertrauen in die Ärzte, so können wir die Krankheit stoppen.“ Die Einnahmen gingen direkt an „Ärzte ohne Grenzen“, die als erste vor Ort halfen, als die Epidemie in Afrika ausgebrochen war. [Ebd.]
Weitere Kritiken
In ihrem Gastbeitrag im Tagesspiegel vom 23.12.2024 (s. Link im Forum) fordert Sabine Mohamed, Assistant Professor für Anthropologie an der Universität Johns Hopkins in den USA „ein neues Nachdenken über Afrika“. Ihrer Meinung nach stößt die Neuauflage des Band-Aid-Songs 40 Jahre nach dessen Erscheinen in Afrika zurecht auf Kritik. Ein Hauptpunkt ihrer Kritik ist, dass der politische Hintergrund der Hungersnot in Äthiopien im Song nicht thematisiert wird. Sie greift auch die Kritiken auf, dass der Song ein Bild von westlicher Wohltätigkeit zeichnet, dem ein Bild eines hilflos hungernden Afrikas gegenüber gestellt wird. Ihrer Meinung nach schaffe das „Spendenlied“ ein Bild eines „weißen Ritters“ und des „schwarzen Hungers“. Dazu führt sie aus: „Dabei ist der Wohlstand Europas nicht zuletzt auch auf die jahrhundertlange Ausbeutung Afrikas zurückzuführen“. Damit hat sie Recht, so wie auch der von ihr zitierte Walter Rodney, nicht aber mit ihrer Schlussbemerkung, auf die ich in meinem Fazit noch einmal zurückkommen möchte.[https://www.tagesspiegel.de/internation ... 21673.html]
Auch Haseeb Shabbir, außerordentlicher Professor am Centre for Charity Effectiveness an der Londoner St George’s Universität kritisiert: „Afrika wird als eine unfruchtbare Zivilisation dargestellt, die ständig Rettung braucht, während die Rettung als moralische Verpflichtung überwiegend weißer Spender dargestellt wird, eine Gruppe von Menschen zu retten, denen die die Fähigkeit fehlt, ihre eigenen Probleme zu lösen“, während gleichzeitig „viele Initiativen der Bevölkerung unbemerkt“ bleiben. [Ester Addley: Zum 40. Geburtstag von Band Aid nehmen Kritiker Afrika-Stereotype ins Visier https://theguardian.com/music/2024/nov/ ... tereotypes]
Lena Bheero, Leiterin der Abteilung für Antirassismus und Gleichberechtigung bei Bond, einem Dachverband von Entwicklungsorganisationen, weist darauf hin, dass sich der internationale Entwicklungssektor in den letzten 40 Jahren stark verändert habe. Man habe sich von „Bildern der Armut, Krankheit, Konflikten und unterernährten Kindern mit Fliegen auf den Schultern“ abgewandt und verwende keine Formulierungen, die die Machtlosigkeit der Empfänger unterstreichen. „Band Aid wurde in einer Zeit gegründet, in der [die Verwendung dieser Bildung] als das Richtige angesehen wurde“. Sie fährt sinngemäß fort, man lebe nicht mehr im Jahr 1984, sondern im Jahr 2024, und die Narrative habe sich geändert. [Ebd.]
Addleys Artikel erkennt aber auch das noch immer positive Wirken von Bob Geldof und des Band Aid Charitable Trust, der viel Bewundernswertes leistet, an. Darunter langfristige Initiativen z. B. der Bereitstellung von sauberem Wasser, dem Bau von Schulen und Bibliotheken und der Schulungen zur Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt. Die Wohltätigkeitsorganisation Mary’s Meals UK, die seit 2010 von Band Aid dabei unterstützt wird, stellt jedes Jahr Schulmahlzeiten für 110.000 Kinder in Tigray/Äthiopien bereit. Ein Sprecher der Organisation habe gesagt, ihre Projekte seien, „eine direkte Reaktion auf das, was die örtlichen Gemeinden uns nach dem Konflikt und der lähmenden Dürre als ihre Bedürfnisse mitgeteilt haben“. [Ebd.]
Fazit
Ich stelle mir die Frage, wie soll ich mit der Kritik umgehen? Zunächst möchte ich einige Fakten zur Kolonisation Afrikas zusammentragen.
Richtig ist, dass Afrika ein reicher Kontinent war, der aufgrund seiner Bodenschätze, Gold und anderer Edelmetalle, außerdem Elfenbein, Kaffee, Edelhölzer aber auch der fruchtbaren Agarflächen in Tansania und Kenia im Osten Afrikas mehr als ein Jahrhundert - auch unter unglaublicher Gewalt - kolonisiert war und ausgebeutet wurde. Die letzten Kolonien erhielten erst in den 1970er und 1980er Jahre ihre Unabhängigkeit. Deutschland hatte seine Kolonien zwar bereits 1919 nach dem verlorenen 1.Weltkrieg aufgeben müssen, aber andere europäische Staaten hielten länger daran fest. Einen ersten Schub der Dekolonisierung gab es in den 50er Jahren. Bis 1959 waren 15 afrikanische Staaten unabhängig, 1960 folgten 18 weitere, darunter 13 französische Kolonien. 1962 erhielt Algerien, das 1830 als erstes afrikanisches Land von Frankreich besetzt worden war, nach 132 Jahren die Freiheit. Die letzten französischen Kolonien erreichten ihre Unabhängigkeit erst 1975 bzw. 1977. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass die ehemals französischen Kolonien noch immer nicht frei sind [s. https://www.dw.com/de/frankreich-und-af ... a-54245021] In den 60er Jahren entließ Großbritannien 12 Staaten in die Freiheit; erst 1976 folgten die Seychellen, Simbabwe sogar erst 1980. Portugal weigerte sich zunächst, seine Kolonien aufzugeben. Erst als die erfolgreiche sog. Nelkenrevolution dort die Diktatur besiegt hattee, wurde der Portugiesische Kolonialkrieg in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau beendet und damit auch die Kolonialherrschaft. Äthiopien war nach eigener Narrative nicht kolonisiert, obwohl 1935 Mussolini mit seinen Truppen in das Land, das damals noch Abessinien hieß, einmarschiert waren.
Auf die belgische Kolonie Kongo möchte ich etwas detaillierter eingehen. 1884/85 hatte in Berlin eine Afrikakonferenz stattgefunden, auf der von 14 teilnehmenden europäischen Staaten und den USA Afrika verteilt wurde. Besonders traf es den Kongo, den sich der belgische König Leopold II. dort als sein Privateigentum (!) zuerkennen ließ. Sein Profit war aufgrund des wachsenden Bedarf an Kautschuk für Militärfahrzeuge gigantisch, Leopold II. wurde einer der reichsten Männer Europas. Trotzdem führte er in dem Land ein Schreckensregime, bis der britische Journalist Edmund Morel die Verbrechen aufdeckte. 1903 wurden die Anschuldigungen im Casement-Report von Großbritanien bestätigt. Unter dem steigenden Druck übertrug der König die Kolonie 1908 dem belgischen Staat. Eine Volkszählung im Kongo ergab 1911, dass in den 23 Jahren der Herrschaft Ludwigs II. rund 25 Millionen Kongolesen ums Leben gekommen sind. [https://www.planet-wissen.de/kultur/wes ... od100.html] Auf den öffentlichen Druck in Belgien musste dem Kongo 1960 die Freiheit gegeben werden. Noch vor dem Unabhängigkeitstag wurde der glühende Anhänger des Panafrikanismus Patrice Lumumba zum Premierminister des Kongo gewählt. Bei der Unabhängigkeitsfeier, die am 30. Juni 1960 stattfand, prallten die Differenzen zwischen ihm und dem belgischen König Baudouin aufeinander. Während Baudouin die belgische Herrschaft lobte, kritisierte Lumumba scharf die Unterdrückung und die Ausbeutung durch die Belgier. Dies kostete ihn das Leben. Er wurde kurze Zeit später von dem späteren Diktator Joseph Mobuto, angeblich mit Hilfe des CIA, gestürzt, gefangen genommen, von belgischen Offizieren in die abtrünnige Provinz Katanga gebracht und dort ermordet.
Sein Tod konnte nie aufgeklärt werden, eine belgische Untersuchungskommission stellte aber 2001 fest, dass belgische Offiziere, Polizisten und Funktionäre in den Mord verstrickt waren. Belgien entschuldigte sich beim kongolesischen Staat, juristische Schritte gab es nicht. Der Kongo versank danach in blutigen Rebellen-Kriegen, Misswirtschaft und Korruption. [Artikel von Christine Harjes 13.08.2010 https://www.bpb.de/themen/afrika/dossie ... engigkeit/]
Dazu noch ein Nachtrag aus jüngster Zeit: Papst Franziscus möchte den 1993 im Alter von 63 Jahren verstorbenen Baudouin, der seit 1951 Monarch in Belgien war, seligsprechen, weil er ein vom belgischen Parlament beschlossenes Gesetz, das Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlauben sollte, nicht unterzeichnen wollte. 1995 lobte der damalige Papst Johannes Paul II. Baudouin in einer Generalaudienz, er sei „ein großer Hüter der Rechte des menschlichen Gewissens (war), bereit, die göttlichen Gebote zu verteidigen, insbesondere das fünfte Gebot: ‚Du sollst nicht töten‘, vor allem im Hinblick auf den Schutz des Lebens der ungeborenen Kinder“.
[https://de.catholicnewsagency.com/news/ ... echen-will]
Der Artikel datiert vom 18.12.2024 und, ehrlich gesagt, macht er mich gleichermaßen fassungs- und sprachlos! Wieviel können Verteter der Kirche verdrängen? Und wie sollen die Nachkommen derjenigen, die durch die Schuld der belgischen Monarchen so viel Leid erfahren haben, damit umgehen?
Vor diesem Hintergrund bekomme ich eine Ahnung, warum eine neue Generation in Afrika sich von den ehemaligen Kolonialkräften nichts schenken lassen will, sondern Respekt, Beachtung und Anerkennung des Wandels einfordert. Diese Forderung ist berechtigt, zumal die Ausbeutung des Kontinents und Korruption als Folge der Kolonisierung noch knapp 50 Jahre nach deren Ende noch immer stattfindet! Schon 1958 hat Guineas damaliger Präsident Ahmed Sékoue erklärt: „Wir ziehen die Armut in Freiheit dem Reichtum in Sklaverei vor.“ [Harjes]
Trotzdem kann ich mich den kritischen Stimmen nur bedingt anschließen. Afrika ist keine homogene Einheit, es besteht aus 54 Staaten mit unterschiedlichen Staatsformen, mit unterschiedlichen Staatsführern, unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, in unterschiedlichen Geolagen, in unterschiedlichen Klimazonen, mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Klassen und unterschiedlichen Religionsgruppen. Die Auflistung ließe sich sicherlich fortsetzen. Ich bezweifele, dass die Kritiker und Kritikerinnen für alle Länder und die Menschen, die dort leben, sprechen können. Afrika leidet noch immer unter Klimakatastrophen und ist noch immer nicht befriedet.
Das International Rescue Comittee hatte für 2024 eine Emergency Watchlist erstellt, in der 10 Staaten aufgeführt sind, die nach einer Prognose dringende Hilfe benötigen würden, davon lagen 8 in Afrika ( Sudan, Südsudan, Burkina Faso, Mali, Somalia, Niger, Äthiopien, Kongo) In Äthiopien wurden nach den Dürrejahren El-Nino-bedingte Überschwemmungen erwartet, durch die die Lebensgrundlagen in Gefahr seien. In der Demokratischen Republik Kongo sind 2023 heftige Kämpfe mit einer bewaffneten Grupperung ausgebrochen. Dadurch verschärfte sich eine langwierige Krise mit u. a. Auswirkungen auf anhaltende Krankheitsausbrüche. Für das Jahr 2024 wurde geschätzt, dass dort 25,4 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen seien – mehr als in jedem anderen anderen Land der Welt. Folgen wären Überlastung der Gesundheitsdienste, Ernährungsunsicherheit und die Ausbreitung von Krankheiten. [https://www.rescue.org/de/artikel/top-1 ... ieren-2024]
Ich befürchte, dass Afrika weiterhin jegliche Hilfe benötigt, auch von Band-Aid. Und Europa hat viel Schuld abzutragen. Zwischen der Befreiung aus der traumatischen Fremdherrschung* und dem ersten Erscheinen von Band Aid liegt letztlich nur ein Hauch von Zeit.
Meiner Meinung nach sollten aber künftig mehr afrikanische Künstler und Künstlerinnen mitwirken. Warum können auf der nächsten CD nicht auch von ihnen Songs erscheinen? Es muss damit nicht bis zu Band Aid 50 gewartet werden. Und warum soll man nicht auch noch einmal über den Text reden und, wenn es sein muss, auch über den Titel von ‚Do They Know It’s Christmas‘? Das Verdienst von Bob Geldorf und Midge Ure würde dadurch nicht geschmälert!
*Wer mehr dazu erfahren möchte, dem empfehle ich das Buch von Frantz Fanon: Die Verdammten dieser Erde.
Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Ich bin sprachlos, über deinen Artikel aber auch über die Fakten! Er wird mich wohl noch eine ganze Zeit beschäftigen. Vielen Dank dafür!
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Hallo ILoveBarcelona,
danke für den ausführlichen Post.
In Deinem ersten Beitrag fehlten nur die folgenden Punkte, um den Link einordnen zu können und passend zu reagieren.
Andreas
danke für den ausführlichen Post.
In Deinem ersten Beitrag fehlten nur die folgenden Punkte, um den Link einordnen zu können und passend zu reagieren.
IloveBarcelona hat geschrieben: ↑10.01.2025 12:22 Uhr Anders als Andreas in seinem Beitrag vermutet, war es nicht meine Absicht, eine Diskussion anzuregen, sondern über die aktuelle Diskussion zu informieren. Da ist der Artikel von der Ethnologin Sabine Mohamed ein Beitrag unter vielen, der eine kritische Position einnimmt.
Viele GrüßeIloveBarcelona hat geschrieben: ↑10.01.2025 12:22 Uhr Fazit
Ich stelle mir die Frage, wie soll ich mit der Kritik umgehen? Zunächst möchte ich einige Fakten zur Kolonisation Afrikas zusammentragen.
Richtig ist, dass Afrika ein reicher Kontinent war, der aufgrund seiner Bodenschätze, Gold und anderer Edelmetalle, außerdem Elfenbein, Kaffee, Edelhölzer aber auch der fruchtbaren Agarflächen in Tansania und Kenia im Osten Afrikas mehr als ein Jahrhundert - auch unter unglaublicher Gewalt - kolonisiert war und ausgebeutet wurde. Die letzten Kolonien erhielten erst in den 1970er und 1980er Jahre ihre Unabhängigkeit. Deutschland hatte seine Kolonien zwar bereits 1919 nach dem verlorenen 1.Weltkrieg aufgeben müssen, aber andere europäische Staaten hielten länger daran fest. Einen ersten Schub der Dekolonisierung gab es in den 50er Jahren. Bis 1959 waren 15 afrikanische Staaten unabhängig, 1960 folgten 18 weitere, darunter 13 französische Kolonien. 1962 erhielt Algerien, das 1830 als erstes afrikanisches Land von Frankreich besetzt worden war, nach 132 Jahren die Freiheit. Die letzten französischen Kolonien erreichten ihre Unabhängigkeit erst 1975 bzw. 1977. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass die ehemals französischen Kolonien noch immer nicht frei sind [s. https://www.dw.com/de/frankreich-und-af ... a-54245021] In den 60er Jahren entließ Großbritannien 12 Staaten in die Freiheit; erst 1976 folgten die Seychellen, Simbabwe sogar erst 1980. Portugal weigerte sich zunächst, seine Kolonien aufzugeben. Erst als die erfolgreiche sog. Nelkenrevolution dort die Diktatur besiegt hattee, wurde der Portugiesische Kolonialkrieg in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau beendet und damit auch die Kolonialherrschaft. Äthiopien war nach eigener Narrative nicht kolonisiert, obwohl 1935 Mussolini mit seinen Truppen in das Land, das damals noch Abessinien hieß, einmarschiert waren.
Auf die belgische Kolonie Kongo möchte ich etwas detaillierter eingehen. 1884/85 hatte in Berlin eine Afrikakonferenz stattgefunden, auf der von 14 teilnehmenden europäischen Staaten und den USA Afrika verteilt wurde. Besonders traf es den Kongo, den sich der belgische König Leopold II. dort als sein Privateigentum (!) zuerkennen ließ. Sein Profit war aufgrund des wachsenden Bedarf an Kautschuk für Militärfahrzeuge gigantisch, Leopold II. wurde einer der reichsten Männer Europas. Trotzdem führte er in dem Land ein Schreckensregime, bis der britische Journalist Edmund Morel die Verbrechen aufdeckte. 1903 wurden die Anschuldigungen im Casement-Report von Großbritanien bestätigt. Unter dem steigenden Druck übertrug der König die Kolonie 1908 dem belgischen Staat. Eine Volkszählung im Kongo ergab 1911, dass in den 23 Jahren der Herrschaft Ludwigs II. rund 25 Millionen Kongolesen ums Leben gekommen sind. [https://www.planet-wissen.de/kultur/wes ... od100.html] Auf den öffentlichen Druck in Belgien musste dem Kongo 1960 die Freiheit gegeben werden. Noch vor dem Unabhängigkeitstag wurde der glühende Anhänger des Panafrikanismus Patrice Lumumba zum Premierminister des Kongo gewählt. Bei der Unabhängigkeitsfeier, die am 30. Juni 1960 stattfand, prallten die Differenzen zwischen ihm und dem belgischen König Baudouin aufeinander. Während Baudouin die belgische Herrschaft lobte, kritisierte Lumumba scharf die Unterdrückung und die Ausbeutung durch die Belgier. Dies kostete ihn das Leben. Er wurde kurze Zeit später von dem späteren Diktator Joseph Mobuto, angeblich mit Hilfe des CIA, gestürzt, gefangen genommen, von belgischen Offizieren in die abtrünnige Provinz Katanga gebracht und dort ermordet.
Sein Tod konnte nie aufgeklärt werden, eine belgische Untersuchungskommission stellte aber 2001 fest, dass belgische Offiziere, Polizisten und Funktionäre in den Mord verstrickt waren. Belgien entschuldigte sich beim kongolesischen Staat, juristische Schritte gab es nicht. Der Kongo versank danach in blutigen Rebellen-Kriegen, Misswirtschaft und Korruption. [Artikel von Christine Harjes 13.08.2010 https://www.bpb.de/themen/afrika/dossie ... engigkeit/]
Dazu noch ein Nachtrag aus jüngster Zeit: Papst Franziscus möchte den 1993 im Alter von 63 Jahren verstorbenen Baudouin, der seit 1951 Monarch in Belgien war, seligsprechen, weil er ein vom belgischen Parlament beschlossenes Gesetz, das Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche erlauben sollte, nicht unterzeichnen wollte. 1995 lobte der damalige Papst Johannes Paul II. Baudouin in einer Generalaudienz, er sei „ein großer Hüter der Rechte des menschlichen Gewissens (war), bereit, die göttlichen Gebote zu verteidigen, insbesondere das fünfte Gebot: ‚Du sollst nicht töten‘, vor allem im Hinblick auf den Schutz des Lebens der ungeborenen Kinder“.
[https://de.catholicnewsagency.com/news/ ... echen-will]
Der Artikel datiert vom 18.12.2024 und, ehrlich gesagt, macht er mich gleichermaßen fassungs- und sprachlos! Wieviel können Verteter der Kirche verdrängen? Und wie sollen die Nachkommen derjenigen, die durch die Schuld der belgischen Monarchen so viel Leid erfahren haben, damit umgehen?
Vor diesem Hintergrund bekomme ich eine Ahnung, warum eine neue Generation in Afrika sich von den ehemaligen Kolonialkräften nichts schenken lassen will, sondern Respekt, Beachtung und Anerkennung des Wandels einfordert. Diese Forderung ist berechtigt, zumal die Ausbeutung des Kontinents und Korruption als Folge der Kolonisierung noch knapp 50 Jahre nach deren Ende noch immer stattfindet! Schon 1958 hat Guineas damaliger Präsident Ahmed Sékoue erklärt: „Wir ziehen die Armut in Freiheit dem Reichtum in Sklaverei vor.“ [Harjes]
Trotzdem kann ich mich den kritischen Stimmen nur bedingt anschließen. Afrika ist keine homogene Einheit, es besteht aus 54 Staaten mit unterschiedlichen Staatsformen, mit unterschiedlichen Staatsführern, unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, in unterschiedlichen Geolagen, in unterschiedlichen Klimazonen, mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in unterschiedlichen Klassen und unterschiedlichen Religionsgruppen. Die Auflistung ließe sich sicherlich fortsetzen. Ich bezweifele, dass die Kritiker und Kritikerinnen für alle Länder und die Menschen, die dort leben, sprechen können. Afrika leidet noch immer unter Klimakatastrophen und ist noch immer nicht befriedet.
Das International Rescue Comittee hatte für 2024 eine Emergency Watchlist erstellt, in der 10 Staaten aufgeführt sind, die nach einer Prognose dringende Hilfe benötigen würden, davon lagen 8 in Afrika ( Sudan, Südsudan, Burkina Faso, Mali, Somalia, Niger, Äthiopien, Kongo) In Äthiopien wurden nach den Dürrejahren El-Nino-bedingte Überschwemmungen erwartet, durch die die Lebensgrundlagen in Gefahr seien. In der Demokratischen Republik Kongo sind 2023 heftige Kämpfe mit einer bewaffneten Grupperung ausgebrochen. Dadurch verschärfte sich eine langwierige Krise mit u. a. Auswirkungen auf anhaltende Krankheitsausbrüche. Für das Jahr 2024 wurde geschätzt, dass dort 25,4 Mio. Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen seien – mehr als in jedem anderen anderen Land der Welt. Folgen wären Überlastung der Gesundheitsdienste, Ernährungsunsicherheit und die Ausbreitung von Krankheiten. [https://www.rescue.org/de/artikel/top-1 ... ieren-2024]
Ich befürchte, dass Afrika weiterhin jegliche Hilfe benötigt, auch von Band-Aid. Und Europa hat viel Schuld abzutragen. Zwischen der Befreiung aus der traumatischen Fremdherrschung* und dem ersten Erscheinen von Band Aid liegt letztlich nur ein Hauch von Zeit.
Meiner Meinung nach sollten aber künftig mehr afrikanische Künstler und Künstlerinnen mitwirken. Warum können auf der nächsten CD nicht auch von ihnen Songs erscheinen? Es muss damit nicht bis zu Band Aid 50 gewartet werden. Und warum soll man nicht auch noch einmal über den Text reden und, wenn es sein muss, auch über den Titel von ‚Do They Know It’s Christmas‘? Das Verdienst von Bob Geldorf und Midge Ure würde dadurch nicht geschmälert!
*Wer mehr dazu erfahren möchte, dem empfehle ich das Buch von Frantz Fanon: Die Verdammten dieser Erde.
Andreas
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Andreas Streng hat geschrieben: ↑13.01.2025 06:48 Uhr Hallo ILoveBarcelona,
danke für den ausführlichen Post.
In Deinem ersten Beitrag fehlten nur die folgenden Punkte, um den Link einordnen zu können und passend zu reagieren.
Hallo, Andreas,
ich verstehe nicht, was in meinem ersten Beitrag vom 30.12.2024 gefehlt haben soll??? Da habe ich doch nur den Link zum Artikel der Ethnologin Sabine Mohamed anstelle des vollständigen Zeitungsartikels angegeben, der auf deinen Hinweis und meine Anfrage beim Tagesspiegel nicht vollständig abgedruckt werden durfte.
Mein Post vom 10.01.2025 ist komplett neu. Vermutlich hast du ihn nicht gelesen? Ich habe darin in einem eigenen Text mit Zitaten Dritter verschiedene Kritiken bezüglich DTKIC zusammengetragen und in den Kontext des Kolonialismus in Afrika gestellt.
Viele Grüße
Elke
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Hallo Elke,
in Deinem ersten Beitrag vom 24.12.2024 mit dem Link zum Beitrag des Tagesspiegels fehlte ein Text von Dir, warum Du diesen postest.
Dieses führte dazu, dass ich am 27.12.2024 vermutete, dass es ein Beitrag sein soll, welcher diskutiert werden soll.
Du hast am 10.01.2025 geschrieben, dass Du eine andere Intention hattest.
Am 13.01.2025 habe ich somit kommentiert, dass diese Info im ersten Post gefehlt hat, sonst hätte ich keine Vermutung anstellen müssen.
Habe ich den Ablauf jetzt für Dich verständlich nachgezeichnet?
Viele Grüße
Andreas
in Deinem ersten Beitrag vom 24.12.2024 mit dem Link zum Beitrag des Tagesspiegels fehlte ein Text von Dir, warum Du diesen postest.
Dieses führte dazu, dass ich am 27.12.2024 vermutete, dass es ein Beitrag sein soll, welcher diskutiert werden soll.
Du hast am 10.01.2025 geschrieben, dass Du eine andere Intention hattest.
Am 13.01.2025 habe ich somit kommentiert, dass diese Info im ersten Post gefehlt hat, sonst hätte ich keine Vermutung anstellen müssen.
Habe ich den Ablauf jetzt für Dich verständlich nachgezeichnet?
Viele Grüße
Andreas
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Re: Band Aid: Do They Know It's Christmas?
Ach, Andreas, warum denn alles komplizieren. Mein Einleitungssatz im Post vom 24.12.2024 lautete:
"Nachstehenden Artikel habe ich am 23.12. 2024 auf der Internetseite des Tagesspiegels gefunden:"
Warum muss man da etwas hineininterpretieren? Das macht du doch bei anderen auch nicht.
Und das Fazit, das auch von dir als fehlend angegeben wird, war noch nicht geschrieben. Es war dein Post vom 27.12.2024, den ich sehr persönlich und interessant fand, war der Auslöser, mich noch einmal intensiver mit dem Thema zu befassen, zumal ich mich im Studium 2 Semester lang mit dem Thema Kolonialismus in Afrika befasst hatte.
"Nachstehenden Artikel habe ich am 23.12. 2024 auf der Internetseite des Tagesspiegels gefunden:"
Warum muss man da etwas hineininterpretieren? Das macht du doch bei anderen auch nicht.
Und das Fazit, das auch von dir als fehlend angegeben wird, war noch nicht geschrieben. Es war dein Post vom 27.12.2024, den ich sehr persönlich und interessant fand, war der Auslöser, mich noch einmal intensiver mit dem Thema zu befassen, zumal ich mich im Studium 2 Semester lang mit dem Thema Kolonialismus in Afrika befasst hatte.